Viele Grünflächen sehen zurzeit erschreckend aus. „Habt ihr es nicht mehr nötig zu mähen“ oder „Schlimm, wie das hier aussieht“ sind die Kommentare, die unsere städtischen Mitarbeiter auf der Straße und im Rathaus zu hören bekommen. Das ist durchaus verständlich und bedarf einer Erklärung.
Biodiversität, Klimaschutz, Schutz der Artenvielfalt. Das sind die Herausforderungen, denen auch wir uns in der Stadt Weißenthurm stellen müssen. Gerade unser Gärtnermeister, eigentlich für seine Gründlichkeit bekannt und in den zurückliegenden Jahren immer darauf aus, möglichst im Ablaufplan der Hauptwachstumszeit die Grünflächen immer in einem ordentlichen Zustand zu halten. Das war und bleibt auch weiterhin sein und auch unser Anspruch. Von der Anzahl der gesamten Mitarbeiter her ist das nicht immer zeitnah umzusetzen und es bleiben hier und da auch Flächen über ihre Zeit ungemäht. Das war bisher immer schon, auch zum Ärger einiger Bürgerinnen und Bürger.
Unsere diesjährige Vorgehensweise mit den vielen Grünflächen in unserer Stadt wird in einem Experiment, wie man an dieser Stelle sagen muss, anders geregelt. Wir haben uns dazu eine kompetente Beraterin - Frau Hildebrand von der Umweltplanung in Koblenz - an die Seite geholt, die uns bei einer Ortsbegehung Vorschläge gemacht hat, wie in einzelnen Bereichen das Mähen umgesetzt werden soll und vor allem, wie man und in welchen Zeitabständen man mähen sollte. Es war uns sofort bewusst, dass man das der Bevölkerung erklären muss, da es mit Sicherheit nicht direkt von allen akzeptiert werden würde. Man war gewohnt, die Wiese, das Beet, usw. muss regelmäßig gemäht werden. Wenn man aber erfährt, was man erreicht, wenn man die Mähdurchgänge nicht so konsequent durchführt, dann glaube ich, ist man eher geneigt, es zumindest in einer Experimentierphase auch hinzunehmen.
Was wird denn wirklich damit erreicht? Wir stellen fest, dass durch die extrem starke Trockenheit im Sommer die Böden immer mehr und tief austrocknen und versanden. Fällt dann starker Regen auf diese Flächen, dringt das Wasser kaum in den Boden ein, sondern festigt zudem die Oberfläche. Bei den ungemähten Flächen halten sich zwischen den Grashalmen viele Insekten auf, die als Nahrung für viele andere Tiere wichtig sind. Wir stellen fest, dass es immer weniger Vögel gibt und die Artenvielfalt der Bodentiere abnimmt. Jeder Mähvorgang tötet dabei diese Bestände an Insekten ab und die Folgen kann sich jetzt jeder selbst ausmalen. Alles Kleingetier, was uns zum Teil oft verborgen bleibt, ist für andere Tiere Teil einer Nahrungskette. Wenn wir das mit unserem Tun, zumindest in Teilbereichen, verändern können, dann sollte der Mensch bereit sein, auch einmal ungemähte Bereiche zu akzeptieren und der Natur, die für uns alle so wichtig ist, den Vorrang zu lassen. Es gibt in unserer Stadt viele Bürgerinnen und Bürger die das unterstützen und selbst stark daran mitwirken, der Natur mehr Aufmerksamkeit zu schenken, sich für sie einzusetzen und durch eigene Initiativen wie zusätzliche Blumenbeete, Insektenhotels, sowie das Anbringen von Nistkästen für unterschiedliche Vogelarten, etc. einen großen und wichtigen Beitrag leisten, der Biodiversität, dem Klimaschutz und der Artenvielfalt gerecht zu werden.
Zum Schluss darf ich nochmal um Verständnis und um Ihre Unterstützung bitten, wenn nicht alle Rasenflächen aussehen, wie Sie es bis dahin gewohnt waren. Es ist eine Art Probelauf, um festzustellen, wie sind die Auswirkungen auf das Ökosystem, was macht es mit der Bevölkerung, kommt da Verständnis oder Widerstand und ganz wichtig, hat es den erwünschten Effekt. Die Umweltberaterin wird unsere Bemühungen weiter begleiten und auch bewerten.
Uns ist klar, der kurz gemähte Rasen ist schön fürs Auge und macht ein schönes Bild. Die Natur hat andere Ansprüche als der Mensch und der Mensch muss ständig dazu lernen, will er mit der Natur und einer großen Artenvielfalt an Fauna und Flora weiter bestehen.